Fallsupervision

Arist von Schlippe und Jochen Schweitzer (1999, S. 222) beschreiben in ihrem Lehrbuch für systemische Therapie und Beratung „die Bereitschaft, das eigene Handeln immer wieder kritisch zu überprüfen und im Kollegenkreis zur Diskussion zu stellen“ als zugehörig zum „Ethos therapeutischen Handelns“.

Ferner dürfte es wohl kaum Kolleginnen und Kollegen geben, die die Tücken der Arbeit mit Menschen noch nicht am eigenen Leib erfahren haben: Stagnation des therapeutischen Prozesse, Resignation und Frustration bis hin zur Burn-out-Problematik sind häufige Begleiterscheinungen therapeutischer Arbeit.

Ein wesentliches Prinzip unserer supervisorischer Arbeit ist die Konstruktneutralität: Wir wissen, dass viele Wege nach Rom führen und verzichten auf dogmatisches Festhalten an der systemischen Theorie und Therapie. Vielmehr begegnen wir anderen therapeutischen Schulen mit Respekt und Wertschätzung. Nicht selten haben wir hiervon im Sinne einer Bereicherung unserer fachlichen Perspektive profitiert.

Ein weiterer Grundsatz liegt in der Problemneutralität: Auf der Suche nach dem „Guten am Schlechten und des Schlechten am Guten“ konnten wir im Rahmen unserer Arbeit oftmals Kontexte identifizieren, in denen das Problemverhalten Sinn machte, und deren Nicht-Berücksichtigen in der Therapie zur Stagnation führte.

Die Fallsupervision betrachten wir als Zusammentreffen unterschiedlicher Expertensysteme: Wir verstehen uns als Experten (für Supervision), die andere Experten (für deren jeweilige Aufgaben) unterstützen, eine Perspektive einzunehmen, die es ihnen ermöglicht, Zugang zu den vorhandenen Fachkompetenzen zu erhalten.

 

Teamsupervision

Während in der Fallsupervision mehr der inhaltliche Aspekt der Arbeit im Fokus der Beobachtung steht, konzentriert sich die Teamsupervision mehr auf die gruppendynamischen Aspekte des Miteinanders. Dies kann sich auf die Kooperation im Team beschränken, in vielen Fällen ist es jedoch sinnvoll, den Fokus der Arbeit zu erweitern auf die Struktur der Organisation. Die Erfahrung zeigt immer wieder, dass nicht persönliche Unzulänglichkeiten der Hintergrund für Konflikte zwischen Kolleginnen und Kollegen sind, sondern dass sich aufgrund der Aufgaben, Rollen und Funktionen, die jeder Mitarbeiter hat, zwangsläufig zu unterschiedlichen, manchmal sogar widersprüchlichen Interessen führen. So z. B. kann der Verwaltungsleiter einer Pflegesatzeinrichtung aus Kostengründen immer wieder zur Aufstockung der Belegung ermahnen, während die therapeutischen und/oder pädagogischen Mitarbeiter den Qualitätsverlust der inhaltlichen Arbeit fürchten, wenn die Zahl der Bewohner steigt.

Die Auswirkungen von Rollen- und Beziehungskonflikten kann in einer weitreichenden Lähmung eines Teams bestehen. Hierdurch werden dann Entscheidungsprozesse scheinbar unendlich lang, Beziehungsprobleme werden auf der Inhaltsebene „geklärt“ (z. B. „Wessen therapeutischer Ansatz ist besser/wirkungsvoller?“ statt „Wer kann sich wem gegenüber (nicht) durchsetzen?“), das Team zerfällt in Fraktionen und insgesamt leidet die Produktivität, weil die Energien der Mitarbeiter zu großen Teilen in den Guerillakrieg investiert werden.

Als Supervisor können wir in solchen Fällen nur dann wirkungsvolle Unterstützung leisten, solange es uns gelingt, eine Außenperspektive zu wahren und nicht in den Konflikt hereingezogen werden. Um der Gefahr der Problemstabilisierung durch einen involvierten Supervisor entgegenzuwirken bieten wir Teamsupervision bei solchen Aufträgen nur zeitlich begrenzt an und legen verstärkten Wert auf einen klaren Arbeitsauftrag bzw. auf die Frage, was das konkrete Ziel der Supervision sein soll.